Promotionen der Arbeitsgruppe

Laufende Promotionen

Abstract

Der naturwissenschaftliche Unterricht und hierbei insbesondere das Fach Chemie zeichnen sich dadurch aus, dass sich chemische Prozesse häufig nur makroskopisch beschreiben lassen. Tiefergehende Erklärungen für chemische Phänomene müssen jedoch indirekt über die der menschlichen Wahrnehmung unzugänglichen submikroskopischen Ebene generiert werden. Als Hilfsmittel zur Visualisierung und als epistemologische Werkzeuge werden Modelle genutzt, die eine wesentliche Säule der Erkenntnisgewinnung bilden. Dass das Nutzen von Modellen und der damit einhergehende Einbezug der submikroskopischen Ebene zur Erklärung chemischer Phänomene keine triviale Tätigkeit ist, konnte in bisherigen Studien bei der Analyse von Schüler*innenerklärungen aufzeigt werden, da ein Großteil der Erklärungen nicht über die makroskopische Ebene hinausging und somit eher einen deskriptiven Charakter aufwiesen.

Augmented Reality (AR) erscheint in diesem Zusammenhang als ein potenzieller Unterstützungsansatz, denn die Technologie zeichnet sich durch Erweiterung der Realität mit virtuellen Objekten mittels digitaler Medien aus. So können bereits während der Experimentier- und Beobachtungsphase die Vorgänge auf der submikroskopischen Ebene repräsentiert werden. Das Promotionsprojekt verfolgt daher das Ziel, Effekte des Einsatzes von Augmented Reality während des Experimentierens auf die Erklärungen der Lernenden zu untersuchen. Hierzu wird zunächst ein systematisches Literaturreview zum Einsatz von Modellen im Erkenntnisgewinnungsprozess durchgeführt, dessen Ergebnisse in die Entwicklung einer AR-Umgebung einfließen. Diese Umgebung wird zunächst evaluiert und weiterentwickelt, bevor sie in der Hauptstudie eingesetzt wird, die als Prä-Post-Interventionsstudie geplant ist. Die Gestaltung der beiden vorgesehenen Vergleichsgruppen geschieht dabei ebenfalls auf Basis des Literaturreviews.

Ko-Betreuung der Promotion:
Prof. Dr. Sebastian Habig, FAU Erlangen-Nürnberg

Abstract

Die naturwissenschaftliche Grundbildung ist ein zentrales Ziel des Sachunterrichts und umfasst u.a. das Lernen naturwissenschaftlicher Methoden und Konzepte. Mithilfe der Methode des Modellierens können Schüler*innen bereits in der Grundschule methodisches und konzeptuelles Wissen aufbauen. Dies wird von nationalen und internationalen Studien bestätigt. In diesen Studien zeigt sich allerdings, dass Schüler*innen Unterstützung beim Modellieren benötigen. Wie der Modellierprozess im chemie-bezogenen Sachunterricht unterstützt werden kann, ist Kern des Promotionsvorhabens.

Um Unterstützungsmöglichkeiten zu identifizieren, erfolgt zunächst ein Blick in die theoretischen Grundlagen und empirischen Untersuchungen zum Konzepterwerb in der Grundschule. Nationale Studien zeigen auf, dass konzeptuelles Wissen durch das Arbeiten mit unähnlichen Beispielen aufgebaut werden kann. Durch ein vermehrtes Vergleichen (Analogiebildung) zwischen multiplen Phänomenen lässt sich auch bei leistungsschwächeren Schüler*innen ein Wissenszuwachs und eine bessere Transferleistung feststellen. Ausgehend von diesen Ergebnissen ist zu vermuten, dass ein solches Lernsetting, in dem bewusst mit multiplen (unähnlichen) Phänomenen gearbeitet wird, eine Förderung des Konzepterwerbs hervorbringt. Offen bleibt an dieser Stelle allerdings, inwiefern das Arbeiten mit Analogien zur Unterstützung des Modellierprozesses im chemie-bezogenen Sachunterricht geeignet ist. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit durch diese Intervention konzeptuelles Wissen angebahnt werden kann.

Um diese Fragestellungen zu beantworten, ist eine Interventionsstudie im Vergleichsgruppendesign in der 4. Jahrgangsstufe geplant. Dafür werden zwei vergleichbare Gruppen gebildet, die jeweils die gleiche Experimentiersituationen erhalten, sich allerdings im Hinblick auf die Unterstützungsmaßnahmen unterscheiden. Gruppe A erhält zusätzlich zu den Experimentiersituationen explizite Unterstützung zur Analogiebildung. Gruppe B dient als Kontrollgruppe, welche keine weiteren Unterstützungsmaßnahmen erhält. Die genannten Experimentiersituationen sind Kern der Studie und beziehen sich auf ausgewählte Phänomene zum Thema Löslichkeit. Die Phänomene sind lebensnah und eignen sich sowohl für das Modellieren als auch für die Analogiebildung.

Um den Konzepterwerb zu erfassen, sind Prä- und Post-Interviews geplant. Im Prä-Interview soll bereits zu Beginn ein Einblick in das Vorwissen der Schüler*innen zur Löslichkeit fester Stoffe in Wasser erfolgen. Das Post-Interview beinhaltet neben der Reflexion des Modellierprozesses eine Transferaufgabe, um die Analogiebildung und den Wissenstransfer messen zu können. Zudem wird die Intervention videografiert, sodass ein detaillierter Einblick in den Lernprozess der Schüler*innen erfolgt.

Abgeschlossene Promotionen

Abstract

Eine Forderung nach evidenzbasierter Praxis (EBP) im Bildungswesen kann sowohl vor dem Hintergrund der Bedeutung wissenschaftlicher Evidenzen innerhalb gesellschaftlicher Diskurse als auch der Evidenzbasierung in anderen Bereichen formuliert werden. Der Umgang mit und die Bewertung von Evidenzen stellen somit vor dem Hintergrund epistemologischer Überzeugungen relevante Aufgaben für den Chemieunterricht dar. Dabei ist unklar, inwiefern (angehende) Lehrkräfte über Kompetenzen in EBP verfügen. Bestehende Studien weisen auf einen Bedarf der fachdidaktischen Analyse und Förderung von Kompetenzen in EBP bei angehenden Lehrkräften hin.

Im Rahmen dieser Dissertation wurde die Domänenspezifität der Kompetenzen in EBP sowie deren Förderung in einem fachdidaktischen Kontext untersucht. Dabei wurde ein weiterer Schwerpunkt auf den Umgang mit anomalen Beobachtungen im Sinne widersprüchlicher Evidenzen gelegt. Innerhalb von drei Teilstudien wurden unterschiedliche methodische Zugänge zur Kompetenz in EBP auf Grundlage epistemologischer Überzeugungen gewählt.

Die Ergebnisse weisen auf einen Förderbedarf der Kompetenz in EBP für angehende Lehrkräfte aller Unterrichtsfächer hin. Eine entwickelte Intervention für angehende Chemielehrkräfte weist eine Wirksamkeit zur Förderung von Kompetenzen in EBP auf. Im Rahmen einer Modellierungsstudie kann der Einfluss von Fachwissen sowie Indizien für einen Einfluss epistemologischer Überzeugungen auf den Umgang mit anomalen Beobachtungen gezeigt werden.

Abstract

Das Lernen mit multiplen externen Repräsentationen (MER) ist insbesondere in der Chemie für die Visualisierung des nichtsichtbaren Bereichs unerlässlich. Um den atomaren Bereich zu visualisieren, existieren verschiedene Darstellungsformen mit unterschiedlichem Abstraktionsgrad. Studien zeigen, dass trotz der Notwendigkeit von MER Lernende Defizite im Umgang mit diesen aufweisen. Bisher ist die Wahrnehmung der Lernenden bezüglich MER für das Lernen im atomaren Bereich und die Wissensgenerierung anhand dieser wenig untersucht. 

Ziel des zweistufigen Promotionsprojektes ist zum einen die Analyse der Wahrnehmung von und den Umgang mit MER von Lernenden und zum anderen die Analyse des Nutzens unterschiedlicher Repräsentationen beim Erklären chemischer Phänomene.

Die Untersuchung des ersten Teilprojekts erfolgte mithilfe eines Paper-Pencil-Tests bestehend aus drei Teilen. Theoriebasiert wurde ein semantisches Differential entwickelt, um die Wahrnehmung der Lernenden von MER zu erfassen. Für die Erhebung der Fähigkeit der Informationsgenerierung mithilfe von depiktionalen und deskriptionalen MER im Themenbereich Säure-Base wurde ein Repräsentationstest nach dem balanced incomplete block design konzipiert und im Anschluss mithilfe eines klassischen Tests das Fachwissen erfasst. Die Untersuchung wurde mit Studierenden der Studieneingangsphase durchgeführt.

Abstract

Der Kernlehrplan NRW zeichnet sich durch die Strukturierung fachlicher Inhalte in situierten Kontexten sowie der Formulierung von Basiskonzepten zum systematischen Wissensaufbau aus. Ziel dieser Strukturierung ist der flexible Einsatz der Basiskonzepte in verschiedenen Kontexten. Aus der Lernforschung geht hervor, dass situiert erworbenes Wissen meist  träge bleibt und nur ungenügend in Anwendungskontexten aktiviert werden kann.

Auf Basis der Transferforschung und den Theorien zum situierten Lernen soll in diesem Projekt ermittelt werden, inwiefern das Design der Lernumgebung Lernende beim Wissenstransfer unterstützt. Hierbei werden drei Designansätze gegenübergestellt, die in unterschiedlichem Maße eine Dekontextualisierung bzw. Anwendung in neuen Kontexten fördern. Die Studie ist in eine Prä-Post-Erhebung des anteiligen Wissens des Basiskonzeptes eingebettet, wobei beim Post-Testzeitpunkt zusätzlich die Transferfähigkeit auf Anwendungskontexte ermittelt werden soll. Dies erfolgt durch die Videografierung der SuS beim Bearbeiten einer experimentellen Transferaufgabe sowie durch einen Test.

Abstract

In diesem Projekt soll ermittelt werden, in welchem Maße Wissen über Repräsentationen und ihren modellhaften Charakter das Konzeptverständnis von Lernenden im Chemieunterricht fördern kann und in welchen Situationen Lernende ihr Wissen kommunizieren. Die Untersuchung wurde in einem Kontrollgruppendesign mit 111 Schülerinnen und Schüler durchgeführt, wobei die Experimentalgruppen ein vorgeschaltetes Training zum Verständnis von Modellen und dem Umgang mit Repräsentationen bekamen. Jede Schülergruppe erhielt die gleiche experimentelle Lernumgebung, bestehend aus drei aufeinanderfolgenden Interaktionsboxen zum Thema Elektrochemie. Der Schwerpunkt der Aufgabenstellung liegt auf der Erklärung des experimentell beobachtbaren Phänomens durch geeignete Repräsentationen.

Während die Kontrollgruppe ausschließlich die experimentelle Lernumgebung bearbeitete, erhielten die beiden Interventionsgruppen ein metakonzeptuelles Training, in dem sie die explizite Trennung und Vernetzung von verschiedenen Repräsentationen sowie ihren modellhaften Charakter erlernten. Eine zweite Interventionsgruppe erhielt zusätzlich während der Lernumgebung Prompts, welche sie an die verschiedenen Repräsentationen und ihre Nutzung erinnern sollten. Um einen Lernerfolg zu erhaben, wurde das Konzept- und Modellverständnis sowie das Wissen über Repräsentationen vorher, nachher und nach vier Monaten erfasst.