DPE-Dispersionen
Die kontrollierte radikalische Polymerisation (CRP) in wässrigem Medium ist eines der am schnellsten wachsenden Themengebiete im Bereich der Polymerforschung in den letzten Jahrzehnten gewesen. Hier sind insbesondere die Techniken "nitroxide mediated polymerization" (NMP), "atomic transfer radical polymerization" (ATRP) und der "reversible addition fragmentation chain transfer" (RAFT) zu erwähnen. Daneben wurde ein Verfahren der CRP auf Basis von 1,1-Diphenylethylene (DPE) entwickelt.
Mit diesem DPE-Verfahren sind emulgator-, metall-, additiv- und lösemittelfreie wässrige Dispersionen mit hohen Umsatzraten synthetisch zugänglich.
Zum Mechanismus
Mit dem DPE-Verfahren werden Blockcopolymerdispersionen in einem zweistufigen Prozess hergestellt. Im ersten Reaktionsschritt wird aus hydrophilen Monomeren (Acrylate, Methacrylate: Methylmethacrylat, Acrylsäure, etc.), 1,1-Diphenylethylene und Peroxodisulfat als Initiator ein oligomerer, hydrophiler Präkursor hergestellt.
Dieser Präkursor ist die stabilisierende Spezies im 2. Polymerisationsschritt. Hier werden unpolare Monomere ((Meth)acrylate, Styrol etc.) in einem Additions-Fragmentierungs-Mechanismus an dieses hydrophile Segment gekoppelt. Die so gebildeten amphiphilen Blockcopolymere aggregieren sofort zu Mizellen, die nach weiterer Monomerzugabe von 10 nm Durchmesser bis zu einer Größe von 50-150 nm wachsen.
Nach diesem Verfahren sind Dispersionen von unkonventionellen Blockcopolymeren mit Core-Shell-Strukturen herstellbar.
Sie zeigen einige anwendungstechnisch interessante Eigenschaften:
- Sie zeigen ein Filmbildeverhalten deutlich unterhalb der Glasübergangstemperatur und können als lösemittelfreie Beschichtung- und Klebstoffsysteme eingesetzt werden.
- Ihre funktionalisierten Dispersionspartikel lassen sich lokal auf verzinkten Substraten adressieren und dadurch eine korrosionsinhibierende Wirkung erreichen.
- Durch ihre spezielle mizellare Struktur bedingt lassen sich sowohl die Nukleation als auch das Partikelwachstum von Calziumcarbonat- und Bariumsulfat-Nanopartikeln steuern; verschiedene Partikelmorphologien und mineralische Hohlkugeln sind darstellbar.